Gänsegeier – zur Sommerfrische in die Schweiz

Wer in der Sommerhalbzeit in den Freiburgeralpen weilt, kann am Himmel kleinere bis grosse Ansammlungen von Gänsegeiern entdecken. Sie kreisen in grosser Höhe, oftmals nur als Punkte erkennbar. Mit einem Fernglas sieht man zwar auch noch keine Details, aber die Silhouette mit den bretterartigen, breiten Flügeln, den sehr langen Fingerfedern, dem kurzen breit gefächerten Schwanz und dem langen, dünnen Hals ist gut zu erkennen. Zudem sind die guten Segler, deren Spannweite von bis zu 260cm ihnen in thermischen Aufwinden langes Segeln ohne Flügelschlag erlaubt, immer in Gesellschaft unterwegs.

Die bei uns zu sehenden Junggesellenschwärme haben ihr Zuhause im französischen Massif Central, wo dank erfolgreichen Ansiedelungsprojekten wieder um die 3000  Brutpaare brüten. Da die aasfressenden Geier erst mit zirka fünf Jahren geschlechtsreif werden, hält sie kein Brutgeschäft in ihrer Heimat zurück und sie erkunden in der Ferne neue Gebiete. Dies wohl auch, um sich nach neuen Brutgebieten umzusehen, die sie dann in Kolonien von 10 bis 20 Paaren beziehen.

Nun fragt sich, wie und warum Gänsegeier gerade die Schweiz als Sommerbleibe aussuchen. Wie die Grossvögel den Weg finden, kann unter anderem folgende Gründe haben: Die Grobsuche richtet sich sicher nach Gebieten, welche die gleiche Topografie aufweisen wie der Ort, wo sie aufgewachsen sind. Das sind Berge mit steilen Felswänden, von denen Wild- oder Nutztiere zu Tode stürzen, womit die Ernährung gesichert ist. Berge sind für die hochfliegenden Vögel gut und von weitem sichtbar. Die Feinsuche nach Übersommerungsgebieten wird durch andere Aasfresser wie Milane und Kolkraben erleichtert. Diese kreisen nämlich über ähnlichem Gebiet, wie es sich die Gänsegeier gewohnt sind und stossen dann zu einem toten Tier hinunter. Diesen Vorgang erkennen Gänsegeier aus grosser Ferne und begeben sich sodann zum gleichen Ort. Die Sehschärfe von Geiern, wie generell bei Greifvögeln, ist legendär. So sind sie im Stande, ein tellergrosses Objekt aus bis zu drei Kilometern Entfernung zu erkennen. Dass sich Gänsegeier bald bei uns niederlassen, ist eher unwahrscheinlich. In der sehr frühen Brutzeit (Januar bis März) sind die Temperaturen in unseren Alpen zu tief. Deshalb brüten die meisten Gänsegeier in Europa in Spanien, oder eben im Massif Central.

Gänsegeier, @ Sonja Frei
Gänsegeier, @ Sonja Frei